Berichte 2018

Raten zu Dekubitus und Sturz

Professionelle Pflege hat bestmögliche Behandlungs- und Betreuungsergebnisse sowie bestmögliche Lebensqualität zum Ziel. Dieses Ziel verpflichtet die Pflege, explizit gesundheitlichen Schäden vorzubeugen und Patientensicherheit zu fördern. Internationale Studien belegen den Einfluss von Pflegefachpersonen auf Versorgungsqualität, Patientensicherheit und Kosten eindrücklich.

Zwei stark durch Pflegeinterventionen beeinflusste Qualitätsindikatoren sind Dekubitus und Sturz.

 

Definition und Klassifikation

Dekubitus

Ein Dekubitus ist eine lokal begrenzte Schädigung der Haut und/oder des darunterliegenden Gewebes, in der Regel über knöchernen Vorsprüngen, infolge von Druck oder von Druck in Kombination mit Scherkräften¹.
Die Ausprägungen werden primär in vier Stufen – von nicht wegdrückbaren Rötungen bis zu vollständigem Haut-/Gewebeverlust – kategorisiert.

Sturz

Ein Sturz ist ein Ereignis, in dessen Folge die Patientin, der Patient unbeabsichtigt und unabhängig von der Ursache auf dem Boden oder auf einer tieferen Ebene zum Liegen kommt².
Die Folgen werden in vier Stufen – von keiner Verletzung bis zu schweren Verletzungen – kategorisiert.

ANQ-Messung

An der nationalen Qualitätsmessung durch den Nationalen Verein für Qualitätsentwicklung (ANQ) nahm das USZ 2019 zum neunten Mal teil. Spezifisch geschulte Pflegefachpersonen erhoben an einem Stichtag Daten zu Dekubitus und Sturz nach der Methode der Landesweiten Prävalenzmessung pflegebezogener Daten LPZ³.  Teilnehmende wurden informiert und stimmten freiwillig den Messungen zu.

Am Stichtag der Messung erheben am USZ jeweils zwei Pflegefachpersonen pro Abteilung die Daten. Sie führen eine Hautinspektion und eine Befragung bei den Patient*innen durch und ergänzen diese durch Daten aus dem elektronischen Klinikinformationssystem.

Es werden alle Sturzereignisse im Spital innerhalb von 30 Tagen vor dem Erhebungszeitpunkt erhoben. Die Daten basieren auf  Befragungen bei den Patient*innen und Daten aus dem elektronischen Klinikinformationssystem.

Patientenmerkmale der Messung 2019

Die Tabelle zeigt allgemeine Angaben der Patient*innen und die Pflegeabhängigkeit im Längsvergleich über fünf Jahre.

Die Teilnahmerate war mit 86.2 Prozent im Jahr 2019 erneut hoch. Die 639 eingeschlossenen Patient*innen waren durchschnittlich 60.3-jährig, seit 10.6 Tagen hospitalisiert und von Erkrankungen in 4.9 Diagnosegruppen (nach der ICD-Klassifikation) betroffen. Im Vergleich zu den Vorjahren fällt auf, dass die Stichprobe so gross wie noch nie und die Anzahl Tage seit Eintritt deutlich höher als im Vorjahr war. Auch die Anzahl betroffener Diagnosegruppen steigt stetig.

Die Pflegeabhängigkeit weist im Jahresvergleich gewisse Schwankungen auf; tendenziell zeichnet sich ein Anstieg der Pflegeabhängigkeit bei der Gruppe „überwiegend abhängig“ ab.

Allgemeine Angaben und Pflegeabhängigkeit

Quelle: Direktion Pflege und MTTB; Gabi Brenner, Direktorin Pflege, Cornel Schiess, Leiter QM Pflege und Fachentwicklung

Allgemeine Angaben 2019 2018 2017 2016 2015
Teilnahmerate in % 86.2 86.8 83.3 81.3 84.6
Durchschnittsalter 60.3 61 60.8 60.5 60.3
Geschlecht weiblich 43 41.8 43.6 40.6 43.8
Tage seit Eintritt 10.6 9.3 9.4 9.7 10.7
Diagnosegruppen pro Patient*in 4.9 4.4 4.2 4.4 4.2
Pflegeabhängigkeit
Völlig abhängig in % 5.3 5.6 4.5 5.5 5.7
Überwiegend abhängig in % 8.3 8.6 5.7 6 7.5
Teilweise abhängig in % 15.2 13 13 12.7 14.4
Überwiegend unabhängig in % 18.4 17.6 22.4 24.5 17
Völlig unabhängig in % 52.7 55.2 54.4 51.3 55.4
2019 2018
86.2 86.8

Für detaillierte Tabellenansicht

Resultate der Messung 2019

Für den nationalen Spitalvergleich werden vom ANQ (www.anq.ch) risikoadjustierte Ergebnisse veröffentlicht, da nur diese einen Vergleich zwischen den Spitälern erlauben. Dabei wird berücksichtigt, dass Patient*innen unterschiedliche Risiken haben, einen Dekubitus im Spital zu entwickeln oder im Spital zu stürzen (zum Beispiel Alter, Aufenthaltsdauer, Grunderkrankung).

Die folgende Tabelle zeigt den im USZ erworbenen Dekubitus und die im USZ ereigneten Stürze im Längsvergleich über fünf Jahre.

 

Raten zu Dekubitus und Sturz

Quelle: Direktion Pflege und MTTB; Gabi Brenner, Direktorin Pflege, Cornel Schiess, Leiter QM Pflege und Fachentwicklung

2019 NEU: systematische Hautuntersuchung 2018 NEU: systematische Hautuntersuchung 2017 2016 2015
Dekubitusrate im Spital erworben in % 5.3 5.1 3.5 3.3 3.1
n/N 33/617 29/568 20/579 18/552 17/549
Sturzrate im Spital (letzte 30 d) in % 4.9 2.5 3.3 2.1 2.6
n/N 25/638 15/589 19/571 11/515 14/545

Für detaillierte Tabellenansicht

Die Punktprävalenz von im Spital erworbenem Dekubitus lag bei 5.3 Prozent. Die systematische Hautinspektion zeigte also bei rund jeder 20. Patientin bzw. jedem 20. Patienten eine lokal begrenzte Haut-/Gewebeschädigung. Bei mehr als 80 Prozent handelte es sich dabei um nicht wegdrückbare Rötungen oder Teilverluste der Haut (Kategorie I–II). Der 2018 festgestellte Anstieg bestätigte sich 2019.

Die Periodenprävalenz von im Spital ereigneten Stürzen lag bei 4.9 Prozent; während der letzten 30 Tage war also rund jede 20. Patientin bzw. jeder 20. Patient von einem Sturzereignis betroffen. In jenem Drittel mit Verletzungen (n=8) sind minimale Verletzungen wie Blutergüsse am häufigsten. Obwohl im Vergleich zum Vorjahr besonders bei Patient*innen mit Sturzrisiko mehr Interventionen zur Sturzprävention durchgeführt wurden, stieg die Sturzrate markant an. Eine Erklärung dafür liegt in der um 1.3 Tage längeren Aufenthaltsdauer zum Messzeitpunkt: Je länger die Aufenthaltsdauer, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit eines Sturzereignisses.

Als Reaktion auf die Zunahmen wurde bereits im Jahr 2018 ein monatliches Reporting initiiert und 2019 etabliert. Dadurch sind zeitnahe, abteilungsspezifische und daher besonders wirkungsvolle Massnahmen möglich. Gezielte Fach- und Mitarbeiterentwicklung sowie ein durchgängiges Zielsystem schaffen Orientierung und Verbindlichkeit.

Patient*innen dürfen am USZ auf einen systematischen und reflektierten Umgang mit den Risiken von Dekubitus und Sturz vertrauen. Gezielte Fach- und Mitarbeiterentwicklung sowie ein durchgängiges Zielsystem schaffen Orientierung und Verbindlichkeit. Der Pflegeprozess stellt sicher, dass entsprechend der klinischen Expertise der Pflegefachpersonen den Anliegen der Patient*innen Rechnung getragen sowie gemäss dem Stand der Forschung und Kontextfaktoren individuelle Risiken erkannt und mit geeigneten Massnahmen angegangen werden.

Datenqualität

Der betriebliche, nationale und internationale Vergleich setzt eine hohe Datenqualität der Messung voraus. Das methodische Vorgehen ist international langjährig erprobt. Validierte Fragebogen-Instrumente und die Datenerhebung durch je eine abteilungseigene und -fremde Pflegefachperson tragen zu gültigen und verlässlichen Daten bei.

Die Frage inwieweit die Erhebungsmethode korrekt umgesetzt wird, wurde bisher nicht untersucht. Umso mehr begrüsste das USZ die neu von ANQ beauftragten externen Audits und liess sich im Rahmen eines Pilot-Audits durch SanaCERT Suisse auditieren.

Zwei unabhängige Auditorinnen bestätigten, dass das USZ die Erhebungsmethode korrekt und insbesondere die zur Detektion von Dekubitus entscheidende systematische Hautinspektion vorbildlich umsetzt. Konkrete Empfehlungen zur Prozessoptimierung können schon ab 2020 umgesetzt werden. Neu ist zum Beispiel die Integration von Studierenden in die Messteams reguliert.

Referenzen

¹ European Pressure Ulcer Advisory Panel (EPUAP), National Pressure Injury Advisory Panel (NPIAP) & Pan Pacific Pressure Injury Alliance (PPPIA). (2009). Prevention and Treatment of Pressure Ulcers: Quick Reference Guide Prag: National Pressure Ulcer Advisory Panel. Retrieved from https://www.epuap.org/wp-content/uploads/2016/10/qrg_prevention_in_german.pdf
² Kellogg International Work Group on the Prevention of Falls by the Elderly. (1987). The Prevention of Falls in Later Life. A Report of the Kellogg International Work Group on the Prevention of Falls by the Elderly. (4), 1–24. Retrieved from https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/3595217/
³ van Nie-Visser, N., Schols, J., Meesterberends, E., Lohrmann, C., Meijers, J., & Halfens, R. (2013). An International Prevalence Measurement of Care Problems: Study Protocol. Journal of Advanced Nursing, 69(9), e18–29. doi:10.1111/jan.12190